Ho Chi Minh City und der Süden

Ho Chi Minh City

Skyline Saigon
Verkehr in Saigon

Wir fliegen in die grösste Stadt von Vietnam Ho Chi Minh City oder einfacher für uns Saigon, wo wir mitten im District 1 direkt am Saigon River im Hotel Riverside untergebracht sind. Unser neuer Guide heisst Ken, er ist ein ruhiger kultivierter Typ. Da wir schon früh am Tag hier sind haben wir den Rest dieses Tages und den nächsten Tag zur Verfügung um Saigon zu erkunden. Die Räder drehen anders hier als in Hanoi. Die je nach Quelle 8 bis 14 Millionen Einwohner Mega City ist das wirtschaftliche Zentrum des Landes. Es scheinen vergleichsweise noch viel mehr Scooters unterwegs zu sein, aber auch viele modernste und grosse Autos. Es ist ein nie versiegendes Fliessen des Verkehrsstromes, 24 Stunden lang. Man sieht immer wieder die wunderschönen alten Paläste aus der Kolonialzeit und darin teuerste Geschäfte mit Luxusartikeln, wie Schweizer Uhren, Schmuck teure Kleider etc. in Prachtstrassen zwischen den immer mehr werdenden gläsernen Wolkenkratzern. Saigon wurde früher die Perle Südostasiens genannt und wetteiferte mit Hongkong und Singapur. Nach dem Vietnamkrieg und in den ersten 20 Jahren nach der Wiedervereinigung ging dann aber vieles vom früheren Glanz verloren. Seit der Öffnung Vietnams 1990 wird nun aber vieles nachgeholt, was vorher über 20 Jahre unter dem Deckel gehalten wurde. Wir laufen entlang dem City Walk Old Saigon, der uns zu vielen Höhepunkten der alten Innenstadt führt. Beim Eindunkeln landen wir in einem Wolkenkratzer im 23. Stock in der Dachbar, die Sicht rundherum ist atemberaubend, die Bar ist Schicki-Micki und wir bestellen Cocktails um eine Weile zu bleiben. Wir fangen eben an unsere Drinks zu schlürfen, als es zu regnen beginnt. Pech nur zum Teil, denn dann landen wir nach kurzer Suche im Restaurant in einer ehemaligen französischen Opium Raffinerie zum Nachtessen.

Markt in Cholon
Rollentrolli

Am nächsten Morgen besuchen wir im Bitexco Financial Tower, dem mit 68 Stockwerken und 270m, höchsten Wolkenkratzer des Landes, die Aussichtsplattform im 48. Stock, wo wir eine fabelhafte Rundsicht geniessen – Stadt soweit wir im Umkreis sehen können. Später fahren wir mit dem Taxi aus der Innenstadt hinaus in den Stadtteil Cholon, so was ähnliches wie anderorts Chinatown. Hier sieht die Welt wieder ganz anders aus – wieder die kleinräumigen Geschäfte und Gewerbebetriebe am Strassenrand, z.B. ein Riesentrolli alles mit neuen Rollen aller Art, dann wieder die Küchen und Essen auf dem Trottoir und auf den Strassen und noch viel mehr Hondas, wie hier alle Scooters genannt werden. Wir kämpfen uns durch bis zum Bin Tay Market, der für sich selber ein Erlebnis ist. Es handelt sich um einen Grosshändler Markt, wo die kleineren Geschäfte einkaufen kommen und die Güter  gleich säcke- oder  körbeweise zum Verkauf aufliegen und irgendwo weit hinten versteckt sind die VerkäuferInnen. An einer Kreuzung ausserhalb des Marktes bieten gleich drei Kleinhändler Insekten und Seidenraupen zum Verzehr an. Wir müssen schmunzeln, da eben erst in der Schweiz der Verkauf von Mehlwürmern etc. als Speisen zugelassen wurde, scheint das hier schon lange Alltag zu sein. Wir fahren mit dem Taxi zurück in die Innenstadt, als es anfängt zu regnen – zu schütten – wir lassen uns bei der Kathedrale Notre Dame absetzen und suchen Schutz im Gebäude der alten Post, das wie die Kathedrale auch aus der Kolonialzeit stammt.

Staatspropaganda
Onkel Ho

Man kann ja nicht so lange in Vietnam unterwegs sein, ohne sich um die bewegte Geschichte dieses Landes zu kümmern und auf der langen Fahrt ins Mekong Delta am nächsten Morgen reden wir mit Ken über die neuere Geschichte von Vietnam.  Das Gespräch ist bereichernd, die Leute sind zugänglich und sehr wohl kritisch trotz der sichtbaren und omnipräsenten staatlichen Propaganda. Ken gibt uns offen Auskunft über die Zeit nach dem  Vietnamkrieg, als die Nordvietnamesen das früher blühende Südvietnam umzuerziehen begannen, es wird immer wieder auch von Brainwashing gesprochen. Nichts war damals Privateigentum und alle wurden gleichgeschaltet und Vietnam tauchte wirtschaftlich ab und wurde zum ärmsten Land auf dem Planeten. Vergnügen und Kultur waren staatlich geregelt, so gab es z.B. nur Filme aus sozialistischen Bruderstaaten des ehemaligen Ostblocks zu sehen. Millionen von Vietnamesen flüchteten meist über das Meer. Fernsehen und Radio dienten der Staatspropaganda. Es gab keine Reisen und auf den Strassen, wo heute die Hondas die Szene bestimmen, waren es damals die Velos. Kritik am Staat war verboten, wobei zu sagen ist, dass es offene Kritik auch heute noch nicht wirklich gibt. Dieses ganze System flog auf mit dem Zusammenbruch der  ehemaligen Soviet Union und dem Wegfall der Unterstützung von dort. Scheinbar gab es gleichzeitig zum ersten mal einen Südvietnamesen als Staatsoberhaupt, der das Land langsam öffnete. Auf das Verhältnis zwischen Nord- und Südvietnam angesprochen sagen die meisten, es gebe keine offenen Spannungen, aber die Südvietnamesen fügen gleich an, dass hohe Regierungsämter für sie nur sehr schwer oder gar nicht erreichbar seien, weil diese für Nordvietnamesen reserviert seien. Dafür hat sich Südvietnam mit dem Zentrum Ho Chi Minh City zum Wirtschaftsmotor entwickelt. Eine junge Frau sagte uns ziemlich heftig, warum es denn diesen unseligen Krieg mit 5 Millionen Toten brauchte nur wenn man letztlich doch eine Marktwirtschaft habe.

Mekong Delta
Musik in Vietnam

In Cai Be steigen wir in ein Boot um  und werden durch Flüsse und Nebenflüsse und Nebenflüsse von Nebenflüssen getuckert, an den Ufern die Blechhüttensiedlungen oft auf Pfählen, aber auch immer wieder ganz neue superschöne Häuser. Auf einer Insel gibt es für uns eine Privatvorführung von Musik und Gesang. Die Musik kommt von einem Einsaiteninstrument, wo die Saite mit einer Hand gezupft wird und mit der anderen Hand mit mehr oder weniger Spannung die Tonhöhe bestimmt wird. Die Musik klingt für unsere Ohren fremd. Aber die anschliessende Velotour durch die Insel zeigt uns ein ganz anderes Plus dieser Gegend: Fast auf jedem Baum wächst eine andere essbare Frucht, wobei die Duriant und die Jackfruit durchaus 10 und mehr Kilos schwer werden können. Ken betont mehrmals hier wachse alles und alles werde verwertet und im Mekong Delta habe man immer das ganze Jahr über genügend zu essen. Auch wir erhalten ein mehrgängiges Mittagessen mitten im Dschungel. Es gibt unter anderem frittierten Elefantenohren-Fisch, der so genannt wird wegen seiner übergrossen vorderen Flossen, die wirklich wie Elefantenohren aussehen. Nach einer kurzen Fahrt quer durch eine Insel im Ruderboot steigen wir wieder ins Auto und werden nach Can Tho ins Hotel Victoria Can Tho Resort gebracht, einem majestätischen Bau aus der Kolonialzeit. Can Tho ist die wichtigste Stadt hier mit etwa 2 Mio Einwohnern. Im Hotel wird uns zum ersten mal in Vietnam geraten die Fenster nicht zu öffnen wegen der Mücken. Am nächsten Morgen fahren wir mit dem Boot zum schwimmenden Markt von Chi Rang, der eigentlich wieder ein Markt von Grossanbietern ist, die ihre Ware an Händler verkaufen, welche diese wiederum an Endkunden verkaufen – also Marktwirtschaft im buchstäblichen Sinne.

Schwimmender Markt
Mekong Delta

Was auf den Booten verkauft wird sieht man an hohen Stangen baumeln: Ananas oder Kürbisse oder Kabisköpfe oder usw. Die Händler hüpfen leichtfüssig von einem Boot zum andern, überhaupt herrscht ein geschäftiges Treiben, trotzdem haben wir nie jemanden ins Wasser fallen sehen. Nach der Rückkehr ins Hotel packen wir unsere Sachen und dislozieren nach Chau Doc, wo wir ebenfalls in einem Hotel Victoria am Fluss wohnen. Gleich nach der Ankunft werden wir mit dem Boot abgeholt um die naheliegenden schwimmenden Fischzuchten zu besuchen. Was wir hier zu sehen bekommen braucht für Westeuropäer ziemlich stake Nerven: Auf einer Fläche von ca 12 x 12 Metern werden direkt unter dem schwimmenden Wohnhaus, also in völliger Dunkelheit mit Netzen abgetrennt über 100’000 Fische auf Schlachtgewicht von einem Kilo hochgezogen. Gefüttert wird mit einer altertümlichen vermicellähnlichen Presse mit knatterndem Dieselmotor, welche eine übelriechende klebrige Masse aus Fischresten ergänzt mit Reisschalen über zwei Förderbänder in dunkle Löcher befördert, wo es nur so brodelt von den schnappenden Fischleibern. Der Appetit nach Pangasius-Filets vergeht uns angesichts dieser Fischzuchten, die sich hier zu Dutzenden aufreihen. Wir fahren noch in ein Dorf, das von Leuten des Cham-Volks besiedelt wird, Nachkommen der Cham, die einst ganz Südvietnam besiedelten und bis vor 600 Jahren Hindus waren bevor sie zum Islam konvertierten. So sehen wir den hier nun Frauen mit einem Kopftuch unter dem traditionellen konischen Vietnamesenhut auch hat es hier eine Moschee. Viele Wohnhäuser hier sind auf Pfählen gebaut, um die immer wiederkehrenden Fluten zu überstehen, sehr steile Treppen führen jeweils zum Wohnbereich.

Am nächsten Tag fahren wir nach Saigon zurück, wo wir noch eine Nacht bleiben, bevor wir nach genau vier Wochen in Vietnam wieder zurück nach Europa fliegen. Es war eine äusserst interessante Reise und Vietnam als Reiseland können wir nur empfehlen. Für weitere Bilder hier klicken.

2 Kommentare

  • Fredy Schwyter

    Sali Peter,
    Deine Berichte sind wie immer spannend zu lesen und voll eindrücklicher Infos. Was mich einfach immer wieder erstaunt, ist die Tatsache, dass man auch unter solch ärmlichen Bedingungen leben kann, ohne krank zu werden. In dem Fluss müssen ja ungeheure Mengen an Abfällen und Schadstoffen transportiert werden.
    Und dann die Frage der Frau, warum brauchte es Millionen von Toten, wenn am Schluss doch eine Marktwirtschaft kommt?
    Das sollte uns hellhörig machen für alle „kritischen“ Gesellschaftsexperimente, so schön die zu Beginn auch aussehen mögen. > Auch ich liess mich täuschen von den ersten Schildeerungen von Kubas Fidel Castro und Che Quevara. Vielen Dank für Eure Schilderungen und die beeindruckenden Fots, Fredy